Märchen
Es war einmal, und das ist schon sehr lange her, eine
Gesellschaft, die zwar schon die Schrift kannte, in der aber doch
das meiste Wissen mündlich weitergegeben wurde. Das galt auch für
alte Geschichten, die nicht immer wortwörtlich weitererzählt,
sondern teilweise stark ins Fabelhafte verzerrt wurden. Eine
Ursache hierfür mag auch ein weit verbreiteter Aberglaube gewesen
sein, der hinter vielen ungewöhnlichen Ereignissen übernatürliche
Mächte vermutete. Hinzu kam, dass Nachrichten sich auf dem Lande
nicht sehr weit verbreiteten, weshalb möglichst jede Neuigkeit
irgendwie "verwertet" wurde. Dieser Vorgang lässt sich durchaus
mit dem Konservieren von Früchten vergleichen, welche dabei zwar
in ihrem Zustand stark verändert werden, dafür aber um so länger
nutzbar bleiben.
Manche dieser alten Geschichten blieben als Tatsachenberichte im
kollektiven Gedächtnis. Viele wurden in veränderter Form zu Sagen
und Legenden. Und viele waren, oftmals erst, nachdem sie einige
Generationen überdauert hatten, soweit verfremdet, dass niemand
mehr etwas über ihren Ursprung hätte sagen können. Statt dessen
hatte man sie in eine Form gebracht, in der man sie beispielsweise
Kindern vor dem Einschlafen erzählen konnte. Diese Form folgte
meist einem sehr einfachen Schema, so dass die Geschichte leicht
erfasst werden konnte und der Fantasie viel Raum ließ.
Die bekanntesten deutschen Märchen, die sich auch heute noch
großer Beliebtheit erfreuen, haben die Gebrüder Grimm
zusammengetragen. Dazu zählen "Rotkäppchen", "Schneewittchen",
"Rapunzel" und "Dornröschen", aber auch Bodenständigeres wie "Der
Hase und der Igel" oder Märchen ohne ein besonders glückliches
Ende (wie "Vom Fischer und seiner Frau").
Natürlich gab es noch weitere Märchensammler, Ludwig Bechstein sei
hier stellvertretend erwähnt.
Es kam auch vor, dass Literaten neue Märchen schufen, so zum
Beispiel Wilhelm Hauff, der unsterbliche Klassiker wie "Der Zwerg
Nase" oder "Das kalte Herz" verfasste.
Obwohl regelmäßig Märchenstoffe verfilmt werden, bleibt zu hoffen,
dass Märchenbücher weiterhin gelesen und vorgelesen werden. Der Reiz,
den dieses Erlebnis bieten kann, ist unersetzlich.
Gedichte zu jedem Anlass